Überraschungen, grosse Kunst und viel Emotionalität: So beurteilte die Fachjury des achten Datenschutz-Video-Wettbewerbs die Einsendungen. Am Dienstagabend verlieh die Datenschutzbeauftragte Dominika Blonski im Kino RiffRaff in Zürich drei Haupt- und einen Spezialpreis. Tanzen wir nach Algorithmen? Das war das Thema des Wettbewerbs. Die Gewinnerbeiträge handeln vom Einsatz Künstlicher Intelligenz zum Schutz der Gesellschaft, von der besonderen Qualität der menschlichen Intelligenz und davon, dass Schutz sich lohnt.
Algorithmen tun das, was von ihnen erwartet wird. Menschen können sich gut, aber auch schlecht verhalten. Algorithmen können aber bösartiges Verhalten schneller und weiter streuen, wenn sie den Auftrag haben, möglichst viel Aufmerksamkeit zu schaffen. Denn so bleiben die Nutzerinnen und Nutzer länger auf den Plattformen und es kann ihnen mehr Werbung angezeigt werden.
Das Projekt Stop Hate Speech der Public Discourse Foundation kann dies nicht verhindern. Es will jedoch mit wissenschaftlicher Unterstützung durch die ETH das Phänomen der Online-Beschimpfungen verstehen und Lösungen anbieten. Sasha Rosenstein, Projektleiter Deutschschweiz, erklärte in seinem Input: «Das Internet soll wieder ein Ort werden, in dem alle sich wohlfühlen können.» Stop Hate Speech setzt teilweise auf einen Community Algorithmus, der Hassrede aufspürt. Statt die Posts zu löschen, wird auf Diskussion gesetzt. Es soll nicht ausgegrenzt werden, sondern ein konstruktiver Dialog gefördert werden.
Gleich zu Beginn konnte die Moderatorin des Abends Amila Redzic, SRF-Impact-Redaktorin und Social Media Host, eine Überraschung präsentieren. Die Datenschutzbeauftragte verlieh nämlich nicht die angekündigten drei, sondern gleich vier Preise. «Wir finden es toll, dass wir jedes Jahr grossartige, professionell produzierte Einsendungen bekommen. Daneben werden aber immer auch sehr gute Videos eingesandt, bei denen der Schnitt nicht immer ganz stimmt, der Ton Mängel hat oder die Geschichte hier und da etwas holpert, weil diese Videos durch Jugendliche produziert wurden, die wenig Erfahrung und Equipment haben. Diese Videos finden wir ebenso preiswürdig», erklärte Dominika Blonski. Deshalb soll der neue Spezialpreis in den nächsten Jahren offiziell ausgeschrieben werden.
Der erste Spezialpreis ging an die Einsendung «Macht KI unser Leben einfacher?» von Maxime Kessler und Dorothea Röthlisberger. Die Jury bewertete den Einsatz der beschränkten Mittel als hohe Kunst. Hier kommen keine Schauspielerinnen zum Einsatz, das Video ist im hochformatigen Tiktok-Stil aufgenommen und trotzdem bringt es die Botschaft auf den Punkt. Künstliche Intelligenz kann Menschen unterstützen. Doch was ist, wenn sie uns im Stich lässt? Ihr Video endet denn auch mit dem allseits bekannten «Hoppla, da ist was schiefgelaufen.»
Das drittplatzierte Video zeigt den Nutzen von Algorithmen für den öffentlichen Diskurs. Jurymitglied Flurin Senn, Medienpädagoge an der Pädagogischen Hochschule Zürich, wies in seiner Laudatio des Beitrags «Hate Speech» darauf hin, dass sehr plausibel erklärt werde, wo und warum es sinnvoll ist, KI einzusetzen. Sehr anschaulich werde auch gezeigt, wie die Algorithmen trainiert werden. Das Video von Nina Siegrist, Daniel Riedel und Jan Winiger zeigt, wie die Blick-Gruppe versucht mit einem Algorithmus Hassrede in Kommentaren aufzuspüren. «Der Beitrag greift das Thema aus einer anderen Perspektive auf – der Algorithmus wird bewusst für eine wünschenswerte Sache zum Tanzen gebracht. Für die Quotes wurden spannende Orte und andere Perspektiven gewählt, als das oft in Interviewsituationen der Fall ist.»
«Eine clever umgesetzte Story hochwertig umgesetzt. Der Beitrag zeigt, dass wir Menschen in vielen Bereichen eben doch immer noch die besseren Tänzerinnen und Tänzer sind», meinte Jurymitglied Nadia Holdener, Lifehackerin und Lehrbeauftragte an der Zürcher Hochschule der Künste. Der Beitrag «ChatGPT schreibt Geschichte» von Tobias Wyler, Thomas Russo und Jessica Kruschwitz entführe die Zuschauerinnen und Zuschauer sofort in eine Geschichte – und es werde ihnen nie langweilig. «Mit dem vielfältigen und passend aufeinander abgestimmten Einsatz filmsprachlicher Mittel wird die Aufmerksamkeit getroffen.»
Der Kurzfilm «Carrot Juice» wurde von der Fachjury am besten bewertet. Der Kurzfilm von Luis Oliveira, Amy Amstutz und Yann Belanga zeichne sich aus durch eine klare Botschaft sowie handwerkliche und schauspielerische Topleistungen. «Die Story des Videobeitrags nimmt in origineller, überzeichneter, humorvoller und gelungener Art und Weise Bezug zum Thema des Wettbewerbs», sagte Dominika Blonski. «Als Zuschauerin fiebert man mit, was der Grund sein könnte für die Ads auf dem Smartphone der Protagonistin. Der Beitrag fokussiert die Hauptmessage: «Privacy matters». Es liegt an uns, unsere Privatheit so gut wie möglich zu schützen.» Der Jury gefielen die lustigen Dialoge und der Wortwitz. Der Beitrag zeichnet sich aus durch schöne Einstellungen, präzise Dialoge und glaubwürdige Schauspielerinnen und Schauspieler. Storyline und die eingesetzten filmsprachlichen Mittel sind gut aufeinander abgestimmt. «Mehr will ich jetzt nicht verraten, aber es endet überraschend», beendete die Datenschutzbeauftragte ihre Lobrede.
Der Datenschutz-Video-Wettbewerb fand zum achten Mal statt. Teilnehmen konnten alle, ungeachtet von Wohnort oder Alter. Der Beitrag musste online veröffentlicht und der Link zum Video bis zum 31. August 2023 an die Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich gesendet werden auf datenschutz@dsb.zh.ch
Wer dieses Jahr den Einsendeschluss verpasst hat, bekommt im Sommer 2024 eine neue Chance.
Mit dem Datenschutz-Video-Wettbewerb sollen junge Erwachsene für ihre eigene Situation und ihren Umgang mit Personendaten in der digitalisierten Welt sensibilisiert werden. Die informativen oder auch humorvollen Gewinnervideos werden über die Social-Media-Kanäle der Wettbewerbs-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer sowie der Datenschutzbeauftragten verbreitet. Sie können vielfältig und in den unterschiedlichsten Umgebungen eingesetzt werden.