Leonie begann ihre Influencer-Karriere mit 13 Jahren. Bald stiegen ihre Eltern mit ins Geschäft ein. Sie arbeiten inzwischen ganztags für ihre Tochter als Manager. Sie soll ein besseres Leben haben, als sie es selbst hatten, sagen sie.
Am Montag, 31. Oktober zeigt die Datenschutzbeauftragte den Dokumentarfilm Girl Gang zum Schweizer Kinostart im RiffRaff in Zürich. Anschliessend spricht der Journalist Simon Jacoby mit der Regisseurin Susanne Regina Meures und Katja Rost, Soziologie-Professorin der Universität Zürich.
Leonie postet nicht aus lauter Vergnügen. Sie verdient richtig viel Geld damit dank Verträgen mit grossen Firmen. Aber die wollen ständig neuen Content. So wächst der Druck. Die Familie wird zum Geschäft. Das belastet die Beziehung zwischen den Eltern und ihrer Tochter. Und dann ist da noch das Problem mit den stets hässlicher werdenden Hassposts.
Girl Gang ist ein Dokumentarfilm, der wie ein Spielfilm wirkt. Er erzählt ein modernes Märchen vom schwarzen Spieglein, dem Smartphone-Screen, und der schönsten Prinzessin, die durch diesen schwarzen Spiegel von Millionen von Followern bewundert werden kann. Es scheint ganz einfach, so zu sein wie Leonie. Girl Gang zeigt aber auch die harte Arbeit. Das endlose Proben, damit ein Satz authentisch erscheint und die «echte Leonie» zeigt.
«Der jungen Influencerin schaut man zu, wie sie in einem Land, das ihr die denkbar grösste Freiheit garantiert, ins immer engere Korsett ihres eigenen Rollenspiels gerät», schreibt NZZ-Autorin Claudia Mäder. In Meures’ Filmen gehe es im Kern um junge Menschen und deren Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben.
Susanne Regina Meures zeigte in ihren früheren Filmen Raving Iran und Saudi Runaway den Drang junger Menschen und ihre Kreativität darin, repressiven Strukturen zu entfliehen. Im neuen Film Girl Gang folgt sie der Berliner Mega-Influencerin Leonie.
Meures studierte Fotografie und Kunstgeschichte am Courtauld Institute of Art in London, später Film an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Girl Gang ist ihr dritter Dokumentarfilm.
Authentisch zu sein, scheint harte Arbeit zu sein. Die Nähe der neuen Stars, die direkt angeschrieben werden können, scheint falsch zu sein.
Wie können sich Menschen in diesem Umfeld frei und selbstbestimmt entwickeln? Was heisst es, wenn Millionen von Followern ihrem Ideal nachstreben, das authentisch wirkt, aber so nicht besteht, also fake ist? Was bedeutet dies für die demokratische Gesellschaft?
Die Veranstaltung ist öffentlich.