Ver­hält­nis­mäs­sig­keit in Zei­ten ei­ner Epi­de­mie

Der Bund arbeitet an der Teilrevision des Epidemiengesetzes. So soll die Schweiz besser auf eine zukünftige Epidemie reagieren können. Die Datenschutzbeauftragte nahm zuhanden der Gesundheitsdirektion Stellung zu den beabsichtigten Gesetzesänderungen.

Die Datenschutzbeauftragte begrüsst, dass der Bund für das Contact Tracing ein nationales Informationssystem bereitstellen wird und die Grundlagen entsprechend gesetzlich geregelt hat. Sie wies darauf hin, dass ein solches System besonders schützenswerte Personendaten wie die Gesundheitsdaten von erkrankten Personen bearbeiten wird. Deshalb sind beim Aufbau und beim Betrieb hohe Anforderungen zu erfüllen, was den Datenschutz durch technische und organisatorische Massnahmen anbelangt.

In der Vernehmlassungsvorlage wird explizit auf die Möglichkeit hingewiesen, im teilrevidierten Epidemiengesetz eine gesetzliche Grundlage für eine Contact-Tracing-App zu verankern. Das Bundesamt für Gesundheit sammelt derzeit die Rückmeldungen der Kantone, bevor es sich für oder gegen eine gesetzliche Grundlage zum digitalen Contract Tracing via Apps im Epidemiengesetz entscheidet. Die Datenschutzbeauftragte wies darauf hin, dass eine gesetzliche Grundlage für solche Apps notwendig ist. Diese kann jedoch kantonal oder auf Bundesebene geschaffen werden.

Auch Datenbearbeitungen mit Einwilligung müssen verhältnismässig sein

Der Revisionsentwurf des Epidemiengesetzes sieht bedeutende Änderungen beim Impfmonitoring vor. Heute müssen die Kantone bloss den Anteil der geimpften Personen erheben. In Zukunft sollen die kantonalen Behörden Daten über die Gesundheit einer geimpften Person erheben dürfen, wenn die betroffene Person dazu eingewilligt hat. Der Gesetzgeber will den Kantonen damit die Möglichkeit geben, eine grosse Menge an besonders schützenswerten Personendaten zu sammeln. Sie sollen dafür die Einwilligung der betroffenen Personen einholen.

Die Datenschutzbeauftragte beurteilt diese Regelung als bedenklich. Öffentliche Organe erfüllen gesetzliche Aufgaben. Sie dürfen Personendaten bearbeiten, wenn dies zur Erfüllung dieser Aufgaben notwendig ist. Besondere Personendaten dürfen nur bearbeitet werden, wenn dies in einem formellen Gesetz hinreichend bestimmt ist.

Wenn die vorgesehene Erweiterung der Datenbearbeitung beim Impfmonitoring geeignet und erforderlich zur Bekämpfung einer Epidemie ist, so ist sie verhältnismässig und bedarf keiner Einwilligung durch die betroffenen Personen. Wenn die Datenbearbeitung allerdings nicht verhältnismässig ist, dann darf sie nicht durchgeführt werden, auch wenn eine Einwilligung vorliegt.

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Wenn die Erweiterung der Datenbearbeitung beim Impfmonitoring geeignet und erforderlich zur Bekämpfung einer Epidemie ist, so ist sie verhältnismässig und bedarf keiner Einwilligung.

Auskunftspflicht für infizierte und erkrankte Personen

Neu ist im Epidemiengesetz eine Auskunftspflicht für infizierte oder erkrankte Personen vorgesehen. Die betroffenen Personen werden verpflichtet, der kantonalen Behörde Auskunft über Kontakte zu anderen Personen zu geben. Diese Auskunftspflicht stellt einen tiefen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Die betroffenen Personen werden verpflichtet, Einblicke in die Zusammenstellung ihres Bekannten-, Freundes- und Familienkreises preiszugeben.

Die Datenschutzbeauftragte wies auf die Tragweite einer solche Pflicht hin. Sie sieht jedoch die Verhältnismässigkeit als gegeben, wenn alternative Massnahmen einschneidender wären. Dies wäre der Fall, wenn statt des Contact Tracings nur noch Kontaktverbote und Lockdowns möglich wären.